Freitag, 21. April 2017

Sehr geehrter Herr Dobrindt,

kommen wir gleich zum Punkt: Ihr Ministerium (das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) hat im Laufe des VW-Abgas-Skandals die sogenannte VW-Untersuchungskommission eingesetzt, die unter anderem von 2015 bis zum Frühjahr 2016 Schadstofftests bei verschiedenen Dieselautos durchführte. Warum bleiben Sie der Öffentlichkeit bis heute Teile der Ergebnisse schuldig?
Sicher, eigentlich ging es den Prüfern der Kommission um die Stickoxidwerte und jeder weiß inzwischen, dass Dieselautos viel zu viel davon in die Umwelt pusten und so ziemlich alle Hersteller die Stickoxidtests ihrer Modelle durch illegale Abschaltvorrichtungen manipuliert haben. Was aber immer noch nicht öffentlich gemacht wurde (zumindest nicht von Ihnen): Auch die CO₂-Werte, die das Kraftfahrtbundesamt (KBA) ermittelte, lagen weit über den offiziellen Zahlen, bei einigen Wagen sogar bis zu 36% darüber. Auch bei einer weiteren Kontrollmessung blieb es dabei. Das ist für die Autoindustrie und den Verkehrsminister natürlich ärgerlich, haben sich beide doch auf Umrüstaktionen geeinigt, die eigentlich alle davon überzeugen sollten, dass dem großen Betrug nun eine noch größere Läuterung folgt und die Umweltprobleme der Dieselfahrzeuge Geschichte sind. Umrüstaktionen allerdings, die auf die Reduktion des Stickoxidausstoßes abzielen, nicht auf die des CO₂-Ausstoßes. Also alles zurück auf Anfang?
Besonders kitzlig ist die Sache, weil die nun bekannt gewordenen Zahlen (aus als "geheim" eingestuften internen Dokumenten des KBA) sich nicht auf Tests unter Straßenbedingungen beziehen, sondern auf die die üblichen vollkomen unrealistischen Tests, denen sich die Autos auch bisher unterziehen mussten. Selbst unter diesen stark idealisierten Voraussetzungen stoßen die 30 getesteten Wagen also 10-36% mehr CO₂ aus, als für das jeweilige Modell zulässig wäre. Bei normaler Fahrt wären die Werte also noch einmal deutlich höher. Außerdem liegen selbst die Werte, die für die einzelnen Autos zugelassen wären, noch ausnahmslos über dem für Neuzulassungen ab 2020/21 vorgeschriebenen Wert von 95 Gram CO₂/km. Wie die Hersteller diese Marke in den kommenden 3 Jahren erreichen wollen bleibt also schleierhaft.
Warum aber diese ganze Verschleierung? Warum nicht gleich die Karten auf den Tisch legen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen? Liegt es daran, dass Dieselautos bislang als verhältnismäßig klimafreundlich galten, weil sie weniger Sprit verbrauchen (nebenbeibemerkt vollkommen absurderweise, schließlich werden die Dieselmotoren immer größer und kräftiger und verbrauchen damit auch wieder mehr)? Sollte die deutsche Autoindustrie, die sich sehr auf den Dieselantrieb eingeschossen hat, geschont werden?
Herr Dobrindt, Sie sind nicht VW- oder Opelminister, Sie sind Verkehrsminister. Ich verlange von Ihnen, dass Sie sich der Gestaltung eines zukunftsfähigen Verkehrskonzepts verpflichtet fühlen und nicht den Interessen irgendwelcher Konzernbosse. Sie übernehmen hier nicht nur Verantwortung für Ihre Karriere nach der Politik, sondern so ganz nebenbei auch für einige Aspekte des Lebens von mehr als 80 Millionen Menschen. Nein, mehr sogar, denn Klimawandel und Umweltschädigung durch Abgase machen nicht an Landesgrenzen halt. Bedenken Sie das also bitte das nächste mal, wenn Sie ein paar Blätter mit brisanten Testergebnissen in den Händen halten.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:

taz.de: Messungen des Kraftfahrt-Bundesamtes: Das Märchen vom Diesel
BMVI: Dobrindt: Mehr als 500.000 Dieselfahrzeuge werden umweltfreundlich umgerüstet

Bildquelle:

http://www.alexander-dobrindt.de/fileadmin/user_upload/images/alexander-dobrindt-2014.jpg

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