"0,3 Prozent der Wahlberechtigten in Bayern demonstrieren gegen das neue Polizeiaufgabengesetz. Das ist respektabel und deren gutes Recht. Aber es zeigt auch, dass die Bayern fast vollständig geschlossen hinter unserer konsequenten Sicherheitspolitik und dem neuen PAG stehen."
Da haben wir sie, die klaren Fakten. 0,3 Prozent demonstrieren gegen das PAG - bleiben also 99,7 Prozent, die voll hinter dem Gesetz stehen. Noch Fragen?
Wie hirnrissig diese Rechnung ist, dürfte den meisten Menschen schon bei der ersten Betrachtung auffallen. Es handelt sich also nicht einmal um eine gute Täuschung: 0,3 Prozent der Bevölkerung demonstrieren. Der Rest spricht sich aber nicht FÜR das Gesetz aus. Er äußert sich einfach nicht dazu. 30.000 Menschen auf der Straße zeigen, dass es eine relativ große Gruppe von Menschen gibt, die dem PAG so kritisch gegenüberstehen, dass es ihnen die Zeit und den Aufwand wert ist, bei einer Demo mitzumachen und dafür gegebenenfalls noch bis nach München zu fahren - teils auch aus ganz anderen Bundesländern, was den Vergleich zu Zahl der bayerischen Wahlberechtigten schon mal völlig sinnlos macht (zumal keiner gesagt hat, dass alle Demonstrierenden wahlberechtigt waren...).
Der eigentliche Kritikpunkt an Ihrer Aussage bleibt aber, dass Sie mehr als 99 Prozent der Menschen in Bayern eine politische Meinung zuschreiben, die diese Menschen nie geäußert haben. Um die Pegida-Demonstrationen wurde ein riesiges Theater gemacht, dabei waren sie auf ihrem Höhepunkt kleiner, als die Demo gegen das PAG. Es dürfte in der Geschichte der Bundesrepublik - und auch in der der DDR - kaum Demonstrationen gegeben haben, bei denen tatsächlich eine Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung gleichzeitig auf der Straße war. Das scheint aber Ihre Erwartung an eine als Meinungsäußerung ernstzunehmende Demonstration zu sein. Fünf Millionen Leute hätten demzufolge durch München ziehen müssen - plus all die, die (noch) nicht wahlberechtigt sind. Merken Sie nicht selbst, wie unsinnig diese Vorstellung ist?
Eine Demonstration zeigt nicht eins zu eins die Mehrheitsverhältnisse, die in der Meinung zu einer bestimmten Frage herrschen. Sie zeigt die Mobilisierungskraft, die eine Frage entfaltet. Demzufolge sollte man sie nicht zur Bevölkerungszahl oder zur Zahl der Wahlberechtigten in Beziehung setzen, sondern zur Zahl der Teilnehmenden auf anderen Demonstrationen. Will man hingegen die Unterstützung von Pro- und Contrapositionen vergleichen, so kann man entweder eine Extra-pro-PAG-Demo veranstalten und dann die Zahl der Teilnehmenden mit der der Anti-PAG-Demo in Beziehung setzen, oder - wenn es einem nicht um die Mobilisierungskraft sondern tatsächlich um Mehrheiten geht - man veranstaltet eine möglichst repräsentative Umfrage. Das Ergebnis würde mich interessieren. Glauben Sie, dass es Ihre 0,3-zu-99,7-Prozent-These stützen würde?
Mit freundlichen Grüßen
HG
Der Hintergrund:
br.de: Herrmann wirft PAG-Gegnern "Lügenpropaganda" vorsz.de: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Polizeigesetz
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