Ganz einfach: Es geht um die Macht, die die AfD im Bundestag bekommt. Wird sie drittstärkste Kraft - nach aktuellen Umfragen könnte das durchaus passieren - dann könnte sie im Falle einer neuerlichen Großen Koalition Oppositionsführerin sein. Jede Stimme, die die Rechtspopulisten bekommen, könnte die sein, die ihnen einen weiteren Sitz verschafft. Jede Stimme gegen sie verschiebt das Verhältnis zu ihren Ungunsten, sorgt damit dafür, dass sie weniger Prozente und damit auch weniger Sitze im Bundestag erhalten. So weit, so einfach.
Leider wird es doch noch etwas komplizierter. Die Sitzverteilung im Bundestag wird nicht nach den prozentualen Anteilen an den abgegebenen Stimmen berechnet, sondern nach den Anteilen an allen Stimmen, die eine der im neugewählten Bundestag vertretenen Parteien bekommen hat. Die Stimmen, die an Parteien gehen, die es aufgrund der 5-Prozent-Hürde nicht in den Bundestag geschafft haben, spielen hier keine Rolle mehr. Als es noch darum ging, rechtsradikale Parteien auf unter 5% zu drücken, war das egal, da für diese Berechnung noch der Anteil an allen Stimmen ausschlaggebend war. Man konnte also beruhigt eine Kleinstpartei wählen, wenn man mit den großen Parteien nicht zufrieden war, die Rechten aber nicht im Parlament haben wollte.
Dieses mal geht es aber wie gesagt nicht darum, die AfD draußen zu halten. Das ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu schaffen. Um aber die Sitzverteilung so zu beeinflussen, dass die AfD möglichst wenige bekommt, müssen wir die Parteien stärken, die es höchstwahrscheinlich in den Bundestag schaffen. Nur dadurch halten wir die AfD klein.
Es ist nicht ganz einfach, sich damit abzufinden und es fällt mir auch nicht leicht, das zu fordern. Eine kleine, idealistische Partei zu unterstützen, die für ihr Thema brennt und dann vielleicht in der Lage ist, in der Politik neue Impulse zu setzen und die Agenda der "großen" Parteien um ein wichtiges Thema zu bereichern, ist sehr ehrenwert. Wer allerdings in dieser Wahl die AfD wirksam bekämpfen will, muss nicht nur wählen gehen. Er/Sie muss auch darauf verzichten, die kleine Partei zu wählen, deren Wahlprogramm ihm/ihr voll aus der Seele spricht und sein/ihr Kreuz bei der größeren Partei machen, die ihm/ihr noch am ehesten wählbar erscheint. SPD, CDU, FDP, Linke und Grüne. Das sind die fünf Parteien, die mit ziemlicher Sicherheit bald mit der AfD zusammen im Bundestag sitzen werden. Je stärker diese Parteien zusammengenommen aus dieser Wahl hervorgehen, desto schwächer ist die AfD.
Jeder vergibt seine Stimme letztendlich selbst und jeder muss für sich entscheiden, wer sie bekommt. Dieser Brief soll keine moralische Verpflichtung sein, eine der oben genannten Parteien zu wählen. Keiner muss sich schuldig fühlen, wenn er sich für eine andere Partei entscheidet. Ich bitte euch nur: Überlegt es euch genau. Denkt darüber nach und trefft eine Entscheidung, die ihr mit allen absehbaren Folgen zu vertreten bereit seid.
Und geht wählen. Vor allem das.
Mit freundlichen Grüßen
HG
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