Freitag, 16. März 2018

Sehr geehrter Herr Söder,

jetzt haben Sie es endlich geschafft! Na ja, zumindest so halb... Sie wollten Horst Seehofer beerben und zumindest beim Amt des Ministerpräsidenten Bayerns ist Ihnen das mit dem heutigen Tage auch offiziell gelungen. Parteichef ist zwar immer noch Seehofer, aber das wird sich ja auch irgendwann erledigt haben. Schwerer wiegt da, dass Sie das Amt des Regierungschefs zunächst nur für ein paar Monate innehaben. Am 14. Oktober wird nämlich neu gewählt - bei einem negativen Ergebnis könnte das schon wieder das Ende Ihrer Zeit als Ministerpräsident sein.

Natürlich haben Sie mit den knapp sieben Monaten, die Ihnen bis zur Wahl bleiben, nicht eben die beste Vorbereitungszeit. Sie sind zwar schon ziemlich bekannt, in Bayern wie im Rest der Republik, aber eine gewisse Zeit, um sich als Ministerpräsident zu profilieren, wäre dennoch nicht verkehrt. Ist eben doch ganz was anderes als Finanzminister und selbsternannter Grenzschutzbeauftragter. Trotz der knappen Zeit wird also von Ihnen erwartet, dass Sie die CSU aus ihrem Umfragetief herausführen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass ein "Umfragetief" der CSU Werte bedeutet, die jede andere Partei in Entzücken versetzen würden. Etwa 41 % werden Ihnen aktuell vorausgesagt. Auf der anderen Seite sieht man daran auch, was für exorbitante Anforderungen an Sie gestellt werden. Mit weniger als der absoluten Mehrheit im Parlament will sich die CSU nicht zufrieden geben. Schaffen Sie dieses Ziel nicht, sind Sie im günstigsten Falle politisch schwer angeschlagen. Im schlimmsten Falle sind Sie dann sogar Ihren Job als Regierungschef wieder los, auf den Sie so lange hingearbeitet haben. Aktuellen Umfragen zufolge ist zwar keine Regierung ohne CSU zu bilden, wenn nicht - was als unmöglich betrachtet werden darf - alle anderen Parteien inklusive AfD ein Bündnis schmieden, aber bis zur Wahl ist ja noch mehr als ein halbes Jahr Zeit, Stimmen zu verlieren.

Momentan legen Sie sich ja mächtig ins Zeug, um allen zu zeigen, dass Sie für Grünen- bis AfD-Sympathisanten wählbar sind. So sprechen Sie sich gegen Glyphosat aus und versprechen, ein "Referenzzentrum für Artenschutz" zu schaffen, wollen aber auch eine eigene Grenzpolizei und ein Landesamt für Migration und Flüchtlinge, um Abschiebungen zu beschleunigen. In Ihrem bunten Mix ist für jede*n etwas dabei - es gibt aber auch für jede*n gute Gründe, Sie nicht zu wählen. Eine Partei kann nicht alle politischen Richtungen abdecken. Wenn die Positionen zu weit auseinanderliegen, gilt wie immer: Das Original ist glaubhafter. Keine Regierungspartei kann glaubhafter als die AfD Abschiebungen fordern. Genausowenig kann die CSU die Grünen bei den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit in den Schatten stellen. In diesem Lichte betrachtet fällt es mir noch schwer, zu sehen, wie Sie die CSU zu einer absoluten Mehrheit führen wollen. Der Politik in Bayern können die Probleme Ihrer Partei jedoch nur zum Vorteil gereichen.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:

merkur.de: Ministerpräsidenten-Wahl im Newsticker
br.de: Söder am Ziel

Bildquelle:

https://www.stmflh.bayern.de/aktuelles/pressegalerie/20170306_10_Kultur_niederbayern_stmflh_ts-42.jpg

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