Freitag, 9. März 2018

Sehr geehrter Herr Trump,

ich weiß nicht, wie diese Neuigkeiten zustandegekommen sind. Ich habe keine Ahnung, ob es tatsächlich ihr Verdienst ist, den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un zu einem Gespräch über die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel überredet zu haben. Ich muss jedoch zugeben, dass es mir schwer fällt, zu glauben, dass die Gesprächsbereitschaft Kims auf Ihre Rhetorik der maximalen Eskalation zurückzuführen sein soll, wie einer Ihrer Mitarbeiter es darstellte. Wie auch immer die ganze Sache zustande gekommen sein mag: An dieser Stelle erst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem ersten Erfolg als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika!

Allein für diese Glückwünsche hätte ich Ihnen jedoch kaum in diesem Rahmen geschrieben. Ich möchte Ihnen gerne eine Information mit auf den Weg geben, die Ihnen wahrscheinlich auch Ihre sämtlichen Berater*innen ununterbrochen nahezubringen versuchen, ohne dass Sie ihnen zuhören: Die ganze Sache ist noch nicht vorbei.

Sicher, es ist toll, dass sich die beiden größten nuklear bewaffneten Hitzköpfe unserer Zeit endlich zu einem "vernünftigen" (die Anführungszeichen? Die waren schon da...) Gespräch zusammenfinden. Ob dieses Gespräch allerdings tatsächlich so "historisch" sein wird, wie laut zahlreichen Äußerungen Ihrerseits alles, was während Ihrer Präsidentschaft passiert, hängt stark davon ab, wie sich das Gespräch entwickelt und ob es tatsächlich zu einer Denuklearisierung führt. Falls Sie glauben, Kim lediglich durch eine Wiederholung alter (und gegebenenfalls das Erfinden einiger neuer) Drohungen am Verhandlungstisch zu überzeugen, muss ich Ihnen leider mitteilen: Das wird nicht funktionieren. Kim fühlt sich militärisch unangreifbar, solange er die Kontrolle über Atomwaffen hat und er hat damit nicht ganz unrecht. Handelssanktionen treffen vor allem die Armen in Nordkorea, was dem Machthaber herzlich egal ist, etwa so, wie die Armen Amerikas Ihnen egal sind. Das sollten Sie doch verstehen. Das Regime selbst findet immer noch irgendjemanden, der bereit ist, gegen jede Handelsrestriktion zu verstoßen, wenn die Kims nur ordentlich zahlen, also kann man sie auf diese Weise kaum persönlich treffen und daher auch nicht wirkungsvoll mit derartigen Maßnahmen drohen. Schließlich sind Sie nicht der Erste, der das versucht.

Markige Worte bringen also nur begrenzte Erfolge. Letztendlich werden Sie Kim etwas bieten müssen, damit er von seinen Atomwaffen lässt - wenn er das überhaupt jemals tut. Das Regime in Nordkorea hat den Preis hierfür in den letzten Jahren drastisch in die Höhe getrieben. Für wie gut Sie sich auch als Geschäftsmann halten: Das wir nicht billig.

Um ehrlich zu sein, mir wäre fast jede*r andere lieber, um mit Nordkorea über dieses essentielle Thema zu verhandeln. Zu lange habe ich jetzt beobachten können, wie wenig Sie sich selbst und Ihre Launen in der Gewalt haben. So widersinnig es klingt - meine Hoffnungen für Ihre Gespräche liegen momentan mehr auf dem widerlichen Diktator eines kleinen, verarmten ostasiatischen Landes als auf dem Präsidenten des Staats, der sich immer wieder als Verteidiger von Freiheit und Demokratie geriert. Wobei ich mir auch auf nordkoreanischer Seite geeignetere Verhandlungsführer*innen vorstellen könnte. Aber "gleich zu gleich..." na ja...

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:

tagesschau.de: Kim und Trump wollen sich treffen
faz.net: Warum Trump Kims Einladung akzeptiert

Bildquelle:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/56/Donald_Trump_official_portrait.jpg

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