Zu Ihrer Verteidigung haben Sie vorgebracht, der Skandal sei ein einziger Wahlkampfgag der Union, hier solle "offenbar Frau Merkel geholfen werden". Dabei kann man denen ausnahmsweise wirklich keinen Vorwurf machen. Haben Sie wirklich angenommen, dass die CDU/CSU eine derartige Steilvorlage nicht nutzen würden? Wenn da jetzt mitunter etwas überdramatisiert wird: Nicht schön, aber damit ist im Wahlkampf zu rechnen. Die Kritik selbst bleibt aber berechtigt. Nicht, weil wir uns aus lauter USA-Hörigkeit der Russlandkritik verpflichtet fühlten, sondern einfach, weil ein Antidemokrat wie Putin kritisiert gehört. Sie aber unterstützen ihn. Im Grunde sind Sie es, der Merkel hilft, indem er solche Neuigkeiten produziert.
Natürlich kann man auch einwenden, dass Ihre Russlandverbindungen eigentlich nicht den Neuigkeitswert haben, der ihnen gerade zugeschanzt wird. Schließlich arbeiten Sie schon seit dem Ende Ihrer Kanzlerschaft für eine Tochtergesellschaft der russischen Gazprom, die ebenfalls mehrheitlich dem Staat gehört. Der Wechsel zu Rosneft kommt allerdings mitten im Wahlkampf zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Ihr Parteigenosse Martin Schulz kann sich schlechte Presse im Moment überhaupt nicht leisten, schließlich sind seine Umfrageergebnisse schlecht genug. Ob seine Versicherung, er selbst werde nach einer Kanzlerschaft keinen Job in der Privatwirtschaft annehmen, jedoch reicht, um Schaden von der Partei abzuhalten? Sie, Herr Schröder, behaupten, Schulz' Wahlkampf zu unterstützen. Mit Aktionen wie dieser torpedieren Sie ihn.
Überlegen Sie also bitte noch einmal, was Ihnen der Wahlkampf Ihrer Partei wert ist. Denken Sie aber auch genau darüber nach, was Ihnen demokratische Grundsätze bedeuten und ob der "lupenreine Demokrat" inzwischen nicht auch aus Ihrer Perspektive ein paar Kratzer hat. Nicht nur die wahlkämpfenden Sozialdemokraten, die sich gerade über Ihr Verhalten die Haare raufen, werden es Ihnen danken.
Mit freundlichen Grüßen
HG
Der Hintergrund:
Spiegel online: Schröder sieht durch Rosneft-Posten keinen Schaden für SPDZeit online: Martin Schulz zu Gerhard Schröder: "Ich würde das nicht tun"
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