Freitag, 11. August 2017

Sehr geehrter Herr Trump,

"Feuer und Zorn, wie sie die Welt noch nie gesehen hat" haben Sie dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un im Falle weiterer Drohungen gegen die USA versprochen. In einem improvidierten Statement aus dem Urlaub haben Sie mal eben dem großmäuligsten Alleinherrscher gedroht, der aktuell mit Atombomben protzen kann. Und nicht nur gedroht, wie andere Politiker das machen: Wirtschaftssanktionen, Ordnungsrufe, nein, bei einem Präsidenten Trump gibt es keie halben Sachen. Da wird gleich der nukleare Erstschlag ausgepackt.

Wenn Sie nicht einfach nur komplett verrückt sind und den Atomkrieg wollen, dann kann ich nur annehmen, dass Sie versuchen, Kim mit Ihren Maximaldrohungen abzuschrecken. Es kratzt an Ihrem Ego, dass ein kleines Land irgendwo in Nicht-Trumpistan dem selbsternannten erfolgreichsten EPaZ (Erfolgreichster Präsident aller Zeiten) mit Interkontinentalraketen und nuklearen Sprengköpfen drohen kann, ohne dass irgendwas passiert. Verständlich. Und es ist ja auch wahr, dass all die Ermahnungen und Blockaden bislang reichlich wenig gebracht haben. Der Kim'sche Führerstaat hat einfach weiter an seinen Waffen gewerkelt und dem Rest der Welt mit der Vernichtung gedroht. Es stimmt aber auch, dass die vielen amerikanischen Militärmanöver mit den südkoreanischen Streitkräften genausowenig gebracht haben. Alle Drohgebärden der Vergangenheit waren erfolglos. Kim weiß längst um die Macht der USA - er hat sie einfach so lange ignoriert, bis er mit der Entwicklung der Atombombe auf einmal das Mittel in der Hand hatte, die perfekte Geisel zu nehmen: Alle, die sich in seiner Reichweite befinden. Diese Reichweite wird mit der Entwicklung neuer Raketen immer weiter ausgebaut. Der Zeitpunkt, an dem Nordkorea imstande ist, Atomsprengköpfe per Rakete bis in die USA zu schießen, steht unmittelbar bevor. Spätestens ab diesem Moment ist das Land militärisch schlicht nicht mehr angreifbar. Schon jetzt ist es eigentlich unmöglich - die wenigsten würden bezweifeln, dass Kim im Falle einer drohenden Niederlage sein nukleares Arsenal einfach auf alle Punkte abfeuert, die er erreichen kann. Wer wollte das riskieren?

Ihre Drohung, Herr Trump, ist aus noch einem Grund ausgesprochen dumm. Es handelt sich dabei um eine ganz grundsätzliche Regel beim Einsatz jeglicher Drohgebärde: Es darf nicht der geringste Zweifel herrschen, dass der Drohende fest entschlossen ist, die Drohung auch wahrzumachen. Niemals darf man sich verleiten lassen, aus purem Zorn eine Maximaldrohung auszusprechen, von der keiner glaubt, dass Sie sie auch umsetzen (Sehen Sie sich mal Folge 1 der achten Staffel der britischen Serie Doctor Who an - Sie werden wissen, was ich meine).
Sie arbeiten zwar schon seit längerer Zeit daran, alle Menschen von Ihrer Unberechenbarkeit zu überzeugen, einen nuklearen Erstschlag gegen Nordkorea traut Ihnen aber dann doch keiner zu. Nicht, dass irgendjemand davon ausginge, dass Ihnen das damit verbundene menschliche Leid naheginge - schließlich trifft eine Atombombe nicht nur den unerwünschten Diktator, sondern im Wesentlichen einfach alle, die sich in der Gegend aufhalten und macht außerdem das Leben in weitem Umkreis auf lange Zeit unmöglich. Nein, das würde Sie vielleicht nicht weiter kümmern. Eine Atommacht aber mit nuklearen Waffen anzugreifen heißt immer, sich selbst nuklearen Angriffen auszusetzen. Was immer Sie von den Menschen in Nordkorea und den USA halten, Sie sind sich selbst zu wichtig, um soetwas zu riskieren. Damit bleibt Ihre Drohung leer und Kim droht unbeirrt zurück, legt sogar konkrete Pläne vor, wie die US-Militärbasis auf der Pazifikinsel Guam anzugreifen sei.
Was haben Sie erreicht, Herr Trump? Und wie machen Sie jetzt weiter? Mit ebenso konkreten Plänen für einen Angriff auf Nordkorea? Mobilmachung der Streitkräfte? Auf all das wird Kim mit ähnlichen Maßnahmen reagieren, ebenso wie Sie in der Gewissheit, dass diesen Krieg eigentlich keiner will. Dass es also eigentlich nur um einen transpazifischen Schwanzvergleich zweier Oberbefehlshaber geht, bei dem irgendwann einer klein beigeben wird. Wenn aber nicht? Dann ist er irgendwann da, der Krieg, den keiner gewollt hat. Dann heizen beide Seiten die Situation so lange immer weiter auf, bis irgendeine Provokation dazu führt, dass einem von beiden der Kragen platzt. Wenn das passiert, geht es aber leider nicht nur die beiden Streithähne etwas an. Nicht mal nur die beiden Nationen, die von ihnen regiert werden, was schlimm genug währe. Nein, dann hat die ganze Welt ein Problem, nämlich den ersten von beiden Seiten mit Atomwaffen geführten Krieg. Auch, wenn ihn eigentlich keiner wollte.

Mein Vorschlag an Sie: Treffen Sie sich mit Kim. Reden Sie mit ihm. Oder veranstalten Sie meinetwegen einen Faustkampf. Nur Sie beide. Oder einen richtigen Schwanzvergleich, ist mir vollkommen egal. Nur lassen Sie den Rest der Welt nicht die Zeche für Ihr verletztes Ego zahlen. Denn weder in Rüstungsfragen noch in Sachen Menschenrechte und Demokratie wird sich die Regierung Kim durch Drohungen beeinflussen lassen. Dazu ist schon allein Kims Ego zu groß. Ein bisschen, wie das Ihre.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund

FAZ.net: Trump: Amerikanische Atomwaffen stärker als je zuvor
Welt.de: Die Methodik des Wahnsinns

Bildquelle:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/56/Donald_Trump_official_portrait.jpg

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