Freitag, 4. August 2017

Sehr geehrter Herr Dobrindt,

Sie haben es mal wieder bewiesen: Sowohl Klima- als auch Verbaucherschutz gehen Ihnen vollständig am Auspuff vorbei. Der kürzliche "Dieselgipfel" sollte eine Lösung der Abgaskrise erarbeiten, jener Affäre also, die inzwischen nicht mehr nur den Betrug der deutschen Autokonzerne bei den offiziellen Emmisionsmessungen umfasst, sondern auch die Bildung eines Kartells, in dem sie sich bei dieser Frage (und bei einigen anderen) miteinander abgesprochen haben - zum Nachteil des Verbrauchers, der sich, welche Marke er auch bevorzugt, ein minderwertiges, dreckiges Auto hat andrehen lassen. Was bei dem Gipfel herausgekommen ist ist genau das, was sich die Autokonzerne gewünscht haben: Die am wenigsten wirkungsvolle, aber dafür billigste Variante. Was soll bei einem solchen Gipfel auch herauskommen, wenn alle Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen konsequent ausgesperrt werden? Gut, auch die beteiligten Politiker hätten die Aufgabe gehabt, Verbaucherinteressen und Umweltschutz zu vertreten, so als gewählte Vertreter des Normalverbrauchers, aber spätestens mit dem Ergebnis wird klar: Die NGOs haben gefehlt, die (hier beteiligten) Politiker nehmen es mit den Belangen der Normalsterblichen offenbar nicht so genau.

Jetzt soll der Ausstoß der Fahrzeuge also per Softwareupdate reduziert werden, das die Besitzer kostenlos installieren lassen können. Bestraft werden die Konzerne für ihren Betrug hierzulande offenbar nicht. Es scheint auch gar nicht mehr die Rede davon zu sein, die Autos so umzurüsten, dass sie die gesetzlichen Grenzwerte einhalten - dafür wären nämlich Hardwareveränderungen am Motor nötig. Selbst die optimistischsten Schätzungen gehen davon aus, dass Softwareupdates den Mehrausstoß vieler der betroffenen Wagen nicht kompensieren können. Auch nach dem Update sind die Autos also streng genommen nicht zulassungsfähig. Fahren dürfen sie dann offenbar trotzdem. Wozu haben wir eigentlich die Grenzwerte?

Um die geforderten Werte einzuhalten müsste bei allen Autos, die dies noch nicht haben - das sind die Meisten - ein SCR-Katalysator eingebaut werden. Nur bei Fahrzeugen mit dieser Technologie hat das geplante Softwareupdate nämlich einen nennenswerten Effekt. Außerdem müssten größere Tanks für Harnstoff eingebaut werden, damit die Flüssigkeit, die zur Abgasreinigung benötigt wird, nicht alle paar Kilometer nachgetankt werden muss. Pro Auto schlüge das mit etwa 1500 Euro zubuche. Ganz klar also, dass die Autokonzerne lieber nur das Softwareupdate für etwa 150 Euro pro Auto machen wollen. Die Frage ist, ob ein Verkehrsminister - von Bürgern in den Bundestag gewählt, nicht von Konzernen - nicht vielleicht doch mehr die Interessen der einzelnen Bürger im Fokus haben sollte, als die der Vorstände von VW, BMW und Daimler? Schließlich wird die Gesundheit aller Deutschen beeinträchtigt, ganz zu Schweigen davon, dass Menschen extra mehr Geld investiert haben, um einen "sauberen" Diesel mit Euro-5- oder Euro-6-Abgasnorm zu bekommen. Diese Menschen haben jetzt immer noch nicht, wofür sie eigentlich bezahlt haben, stehen in Städten wie Stuttgart stattdessen im Smog, aber Sie halten es für angebracht, den Dieselgipfel als Erfolg zu bezeichnen? Selbst das Softwareupdate wurde nicht für alle betroffenen, sondern nur für 5,3 Millionen Fahrzeuge zugesagt. Außerdem waren diese Umrüstungen zum großen Teil schon fest vereinbart. Die Konzerne verpflichten sich also zu so gut wie keinen neuen Maßnahmen, aber Sie, Herr Dobrindt, tun so, als wären die Probleme jetzt gelöst. Nichts ist gelöst! Solange Sie - wie man Ihren Wortmeldungen entnehmen muss - "Fahrverbote vermeiden" als wichtigstes Ziel in der Dieselkrise ansehen - also als wichtiger als Umweltschutz und Gesundheit der Bürger - drängt sich das Gefühl auf, dass Sie nicht Ihre Arbeit als Minister erfüllen, sondern auf einen Sitz im Vorstand eines der Autokonzerne schielen. Dann haben wir gleich zwei Probleme: Betrügerische Autokonzerne und einen pflichtvergessenen, opportunistischen Minister. Man weiß nicht, was schlimmer ist.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:
RBB online: Müller teilt nach "Dieselgipfel" gegen Dobrindt aus
t-online: Dobrindt zufrieden, Umwelthilfe klagt weiter

Bildquelle:
http://www.alexander-dobrindt.de/fileadmin/user_upload/images/alexander-dobrindt-2014.jpg

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