Freitag, 1. Februar 2019

Sehr geehrte Frau Nonnemacher,

herzlichen Glückwunsch zum Erfolg des Gesetzesentwurfs, den Sie und Ihre Fraktion in den brandenburgischen Landtag eingebracht haben! Es passiert ja nicht oft, dass ein Gesetzesentwurf aus der Opposition im Plenum eine Mehrheit findet. Umso schöner, dass es jetzt gerade bei dieser wichtigen Frage geklappt hat.

Das Parité-Gesetz, das allen antretenden Parteien quotierte Listen für die brandenburgischen Landtagswahlen vorschreibt, ist nicht nur ein Schritt zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in Brandenburg - es ist ein Zeichen für die anderen Länder und für den Bund. Schade nur, dass diese Regelung noch nicht bei den diesjährigen Wahlen zum Tragen kommen kann, sondern erst in fünf Jahren. Je früher der Beweis erbracht werden kann, dass die Paritäts-Regelung funktioniert, desto besser. Schließlich werkelt auch der Bund gerade an einer Wahlrechtsreform, da wäre die Gelegenheit günstig...

Schade ist auch, dass es (zunächst) keine Quotenregelung für Direktkandidaturen geben wird. Die Idee mit dem paritätisch besetzten Wahlkreisduo hat bei SPD und/oder Linken wohl keinen Anklang gefunden, auch hier bräuchte es aber eigentlich irgendeinen Mechanismus, um für mehr Geschlechtergerechtigkeit bei den Nominierungen zu sorgen.

Wie wichtig das Gesetz trotz allem ist, sieht man vor allem an den Reaktionen der anderen Parteien. Das die schlechteste aller Alternativen irgendwas von "Genderwahn" geifern würde, war mehr oder weniger zu erwarten. Niemand dürfte mit einem qualifizierten Beitrag aus dieser Richtung gerechnet haben. Von CDU und FDP ist hinreichend bekannt, dass auf Lippenbekenntnisse zur Gleichberechtigung chronische Verhaltensstarre und männerdominierte Listen folgen. Auch hier also keine Überraschung. Dass aber eine sich als modern und jung gerierende Partei wie die Piraten aus dem Off der politischen Bedeutungslosigkeit eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz für mehr Gleichstellung ankündigt, damit hätte ehrlich gesagt nicht gerechnet.
Dazu sei angemerkt, dass das Hauptargument der Gegner*innen des Gesetzes allenfalls ein Alibi-Argument ist: Die Wahlfreiheit der Bürger*innen, die man hier bedroht sieht, weil nicht mehr jede Person für jeden Listenplatz infrage kommt, ist nicht nur gegen die grundgesetzliche Pflicht des Staates abzuwägen, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern und diskriminierende Strukturen abzubauen. Hinzu kommt, dass meine Wahlfreiheit als Wähler*in ebenfalls massiv eingeschränkt ist, wenn ich es wichtig finde, Frauen ins Parlament zu wählen, und ich auf den Wahllisten keine finde. Die billigen Selbstverpflichtungs-Vorschläge der CDU helfen da auch nicht weiter. Solange Machtabgabe freiwillig bleibt, bleibt sie graue Theorie.

Deshalb hier noch einmal: herzlichen Glückwunsch! Sie haben mit Ihrer Fraktion und der Hilfe der Regierungsfraktionen einen wichtigen Schritt in Richtung Gleichstellung getan - für Brandenburg, aber auf lange Sicht sicherlich für ganz Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:

gruene-fraktion-brandenburg.de: Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Gesetzentwurf "Inklusives Parité-Gesetz"
zdf.de: Brandenburg beschließt Frauenquote bei Wahlen
zeit.de: Landtag beschließt Gleichstellungsgesetz für Wahlen

Bildquelle:

https://ursulanonnemacher.de/index.php?eID=tx_cms_showpic&file=100895&md5=06d7906f765907bb34dfa62292d52a4d58e68058&parameters%5B0%5D=YTo0OntzOjU6IndpZHRoIjtzOjU6IjE1MDBtIjtzOjY6ImhlaWdodCI7czo1OiIx&parameters%5B1%5D=NTAwbSI7czo3OiJib2R5VGFnIjtzOjQxOiI8Ym9keSBzdHlsZT0ibWFyZ2luOjA7&parameters%5B2%5D=IGJhY2tncm91bmQ6I2ZmZjsiPiI7czo0OiJ3cmFwIjtzOjM3OiI8YSBocmVmPSJq&parameters%5B3%5D=YXZhc2NyaXB0OmNsb3NlKCk7Ij4gfCA8L2E%2BIjt9

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen