Donnerstag, 28. Februar 2019

Sehr geehrte Frau Schulze,

© BMU/Sascha Hilgers
es ist richtig, dass Sie sich als Bundesumweltministerin für das Thema Plastikmüll interessieren und es ist ebenso richtig, hier schon bei der Müllvermeidung anzufangen. Insofern also erst einmal vielen Dank, dass Sie begonnen haben, das Problem im Rahmen eines runden Tisches mit Vertreter*innen von Wirtschaft und Umweltverbänden zu diskutieren.

Was weniger zu loben ist, ist das Instrument, mit dem Sie die Reduzierung von Verpackungsmüll zu erreichen gedenken: Sie verlassen sich ganz auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie. "Andere Möglichkeiten" - also zum Beispiel gesetzliche Vorgaben - sollen erst in Betracht gezogen werden, wenn die freiwilligen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen.
Nun ist diese Abfolge erst einmal gar nicht so dumm. Man kann durchaus erst einmal gucken, was die Wirtschaft von sich aus anbietet, vielleicht kommt ja wirklich schon etwas Gutes dabei heraus. Ein solches Vorgehen macht aber nur Sinn, wenn man Zeit hat, ein bisschen herumzuexperimentieren. Bedenkt man aber, wie viel Tonnen Plastikmüll in der Umwelt landen können, während noch Ihr Versuch mit den freiwilligen Selbstverpflichtungen läuft, dann sieht man ein, dass die Dringlichkeit der Situation mit jedem Tag, an dem keine wirksamen Maßnahmen getroffen werden, steigt. Wir haben also keine Zeit für Experimente und wir können uns auch nicht erlauben, zu riskieren, dass das nächste Unternehmen, das ein Produkt an den deutschen Markt bringt, wieder ausschert. Wir brauchen verbindliche Regelungen.
Woher Sie die Gewissheit nehmen, über Freiwilligkeit "mehr [zu] erreichen als über Verbote", ist mir schleierhaft. Ich kann mich nicht erinnern, wann ein Unternehmen einmal geäußert hätte, gerne freiwillig mehr Maßnahmen umsetzen zu wollen, die keinen direkten Profit versprechen, als gesetzlich gefordert. Außerdem - wenn es wirklich Unternehmen mit diesem Wunsch geben sollte, wird sie sicher niemand daran hindern. Freiwillig mehr machen geht immer. Ein Gesetz verhindert nur, dass jemand freiwillig weniger macht.

Hinzu kommt, dass die Fixierung auf Freiwillige Selbstverpflichtungen ein fatales Signal aussendet. Sie sagen den Unternehmen im Grunde, dass sie mehr oder weniger selbst darüber bestimmen können, wie viel Umweltschutz sie betreiben. Es mag Bereiche geben, wo ein solches Vorgehen sinnvoll ist - der Umweltschutz, der ja alle Menschen etwas angeht, weil er den Schutz unserer Lebensgrundlagen betrifft, gehört sicher nicht dazu. Unsere Lebensgrundlagen zu schützen - das erwarte ich zu Recht vom Staat und den Politiker*innen, die ich gewählt habe. Es hat einen Grund, warum dafür nicht von vornherein privatwirtschaftliche Unternehmen zuständig sind. Machen Sie also bitte Ihren Job und sorgen Sie dafür, dass der in Deutschland anfallende Verpackungsmüll tatsächlich drastisch reduziert wird.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:

spiegel.de: Umweltministerin Schulze setzt bei Plastikmüll auf Freiwilligkeit
taz.de: Freiwilliger Plastikkampf


Bildquelle:

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/fotogalerien/2018/03_maerz/180327_schulze_portraets/schulze_portraet_01.jpg

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