Freitag, 6. Juli 2018

Sehr geehrter Herr Altmaier,

heute wird im Rat der Europäischen Union über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan (JEFTA) abgestimmt - und Sie werden als Wirtschaftsminister die deutsche Stimme abgeben! Was ich nun von Ihnen will, ist Ihnen wahrscheinlich schon klar. Es ist das, was laut Emnid-Umfrage vermutlich vier Fünftel der Deutschen von Ihnen wollen: Stimmen Sie gegen das Abkommen.

Der Grund, warum sich so überwältigend viele Menschen gegen dieses neue Freihandelsabkommen aussprechen, ist nicht einfach eine allgemeine Abneigung gegen Freihandel. Auch das wäre verständlich, nachdem die Erfahrungen mit TTIP und CETA gezeigt haben, dass es bei derartigen Abkommen in der Regel eben nicht nur um den Abbau von Zöllen geht, wie gerne propagiert, sondern auch Eingriffe in die hoheitlichen Befugnisse und die Souveränität der Regierungen und Parlamente der beteiligten Länder eine Rolle spielen. Zum Beispiel durch private Schiedsgerichte, vor denen Unternehmen gegen neue Gesetze klagen können, die ihren wirtschaftlichen Interessen zuwiderlaufen. Bei JEFTA geht es aber wie gesagt nicht nur um Vorbehalte, die die Menschen Freihandelsabkommen gegenüber an den Tag legen, weil sie durch TTIP und CETA misstrauisch geworden sind. Es gibt ganz konkrete Probleme mit JEFTA. Das wahrscheinlich wichtigste, das auch gerade durch die Medien geht und das 80% der Deutschen für einen schwerwiegenden Fehler des Abkommens halten, ist, das JEFTA Möglichkeiten bietet, die Wasserversorgung zu privatisieren.

Wasser- und Abwasserwirtschaft ist in Deutschland in der Regel in kommunaler Hand. Das Wasser ist sauber, kommt zuverlässig an und ist außerdem billig. Versuche, die Wasserunternehmen zu privatisieren, haben gezeigt, dass dies zu höheren Wasserpreisen bei schlechterer Qualität führt. So haben sich die Wasserpreise in Berlin nach einer Teilprivatisierung um 35% erhöht und die Stadt sah sich letztendlich gezwungen, die verkauften Anteile an der Wasserversorgung wieder zurückzukaufen. In Portugal gibt es sogar Beispiele von Privatisierungen, nach denen die Wasserpreise um stolze 400% stiegen - bei einem so lebenswichtigen Gut eine Katastrophe.

In JEFTA wird nun nicht direkt festgelegt, dass die Wasserversorgung privatisiert werden soll. Es werden aber Lücken geschaffen, durch die eine Wasserpivatisierung durchgesetzt werden könnte. Beide Vertragsparteien verpflichten sich im Abkommen zu einer grundsätzlichen schrittweisen Liberalisierung bei gegenseitigem Marktzugang. Diese Regelung könnte dazu genutzt werden, Länder zu einer Zulassung privater Anbieter auf dem Wassermarkt zu zwingen. Die drohenden Effekte sind bekannt.

Herr Altmaier, im Interesse der Menschen in Deutschland, aber auch der Menschen in den anderen Ländern der EU und letztendlich der Menschen in Japan (denn auch dort wäre der Wassermarkt vor Privatisierung - durch europäische Konzerne - nicht geschützt), fordere ich Sie auf, dem Abkommen Ihre Stimme zu verweigern. Schon die Entscheidung, JEFTA so zu designen, dass dieses Mal die nationalen Parlamente nicht darüber abstimmen dürfen, zeigt, dass auch in EU-Kreisen bekannt ist, wie wenig beliebt dieses Abkommen in der europäischen Bevölkerung ist. Wenn aber dem Willen einer deutlichen Mehrheit (laut oben verlinkter Umfrage) nicht entsprochen werden soll, dann braucht es schon extrem starke Argumente. Ein paar Promille mehr Wirtschaftswachstum für die EU reichen hierfür bei Weitem nicht aus.

Mit freundlichen Grüßen

HG

Der Hintergrund:

 taz.de: Wasser auf die Mühlen der Skeptiker
ver-und-entsorgung.verdi.de: Offener Brief an Bundeswirtschaftsminister Altmaier

Bildquelle:

https://peteraltmaier.de/wp-content/uploads/2017/08/person1.jpg

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